Es war einmal ein Mensch, der sich von Gott ungerecht behandelt fühlte.
Bitter beklagte er sich:
"Warum muss gerade ich so ein schweres Kreuz tragen?
Warum haben es die anderen leichter?"
Gott hatte Erbarmen mit ihm und führte ihn in einen Raum, wo alle Kreuze
der Menschen aufgestellt waren.
Er sagte zu ihm: "Wähle dein Kreuz selbst aus!"
Der Mensch machte sich auf die Suche.
Da sah er ein ganz dünnes Kreuz, aber dafür war es länger und größer.
Er sah ein ganz kleines, aber als er es aufheben wollte, war es schwer wie Blei.
Dann sah er ein Kreuz, das ihm gefiel.
Er legte es sich auf die Schulter.
Doch da merkte er, wie das Kreuz gerade an der Stelle, wo es auf der
Schulter auflag, eine scharfe Spitze hatte, die ihm wie ein Dorn ins Fleisch drang.
So hatte jedes Kreuz etwas unangenehmes.
Und als er alle Kreuze durchgesehen hatte, hatte er immer noch nichts
Passendes gefunden.
Dann entdeckte er eins, das hatte er übersehen, so versteckt stand es da.

Es war nicht zu lang und nicht zu kurz,
nicht zu schwer und nicht zu kantig,
nicht zu glatt und nicht zu rau.
Es war wie für ihn geschaffen.

Der Mensch sagte zu Gott:
"Bei diesem Kreuz bleibe ich.
Wenn du es mir gewährst, will ich es in Zukunft tragen!"
Und Gott sprach: "Es sei!"

Als der Mensch jedoch das neue Kreuz näher betrachtete, da entdeckte er,
dass es das alte Kreuz war, das er bisher getragen hatte.
Nun konnte er sein Kreuz annehmen und war zufrieden damit.
(Legende aus dem Mittelalter)

Gott nimmt uns nicht das Kreuz ab,
aber er gibt uns die Kraft zum Tragen.
(John Henry Newman)